Ein skalierbares Geschäftsmodell ist vielleicht der wichtigste Grundbaustein für ein erfolgreiches Business als Solopreneur. Gleichzeitig kann aber genau darin auch die größte Gefahr liegen. Nämlich dann, wenn Du zu früh skalierst und dabei (versehentlich) die falschen Dinge auch noch maximal beschleunigst. Mit dem Concierge MVP kannst Du sicherstellen, dass Du wichtige Prozesse und die Wünsche Deiner Kunden genau verstehst, bevor Du Dich daran machst, Abläufe zu automatisieren.

Wann ist das Concierge MVP sinnvoll?

Die Concierge-Methode ist ein Minimum Viable Product aus dem Lean Startup. Es ist immer dann besonders sinnvoll, wenn Dein späteres Geschäftsmodell sehr stark auf automatisierten Prozessen basiert (beispielsweise bei digitalen Geschäftsmodellen).

Beim Concierge MVP begleitest Du Deine ersten Kunden ganz persönlich, eben wie ein Hotel-Concierge. Anstatt Deine Prozesse direkt zu automatisieren oder sogar schon eine fertige Software zu entwickeln, führst Du jeden Schritt zunächst manuell aus: Du sprichst mit Deinen Kunden, nimmst ihre Wünsche auf, stellst Lösungen individuell und manuell zusammen und beobachtest dabei, wie sie darauf reagieren.

So erkennst Du, welche Funktionen oder Abläufe für Dein Geschäftsmodell wirklich relevant sind, bevor Du in teure Technik oder Automatisierung investierst.

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Das Ziel des Concierge MVP ist nicht, effizient zu sein, sondern zu verstehen, was Deine Kunden wirklich wollen. (Und was sich später sinnvoll skalieren lässt.)

Beispiele für den erfolgreichen Einsatz der Concierge-Methode

Es gibt viele (und mittlerweile sehr erfolgreiche) Unternehmen, die zunächst auf die Concierge-Technik setzten, um sowohl Kundenwünsche als auch die Prozesse ihrer Geschäftsidee besser zu verstehen. Die bekanntesten Beispiele sind sicherlich Airbnb und Zappos.

Airbnb

Bevor Airbnb zur globalen Online-Plattform wurde, boten die Gründer Brian Chesky und Joe Gebbia in ihrer eigenen Wohnung Luftmatratzen und Frühstück für Konferenzbesucher an. Anfangs managten sie Buchungen, Kommunikation und Bezahlung komplett manuell. Es gab weder Algorithmen noch eine App.

Ihr erstes Ziel dabei war also nicht Effizienz, sondern herauszufinden, ob Menschen überhaupt bereit wären, in einer fremden Wohnung zu übernachten. Durch die Concierge-Technik haben sie herausgefunden, dass dabei vor allem zwei Faktoren besonders wichtig sind: Vertrauen und gute Fotos.

Gemütlich eingerichtetes Schlafstätte mit einer weißen Luftmatratze auf Holzboden, einem flauschigen Teppich, zwei geschlossenen Büchern und einem beleuchteten Spiegel im Hintergrund.
Ein Concierge MVP ist extrem simpel und deshalb leicht umzusetzen.

Erst nachdem sie viel positives Feedback erhielten, bauten sie ihre erste (simple) Website.

Zappos

Nick Swinmurn, der Gründer von Zappos stellte zunächst Fotos von Schuhen ins Netz, die er vorher in lokalen Läden fotografiert hatte. Sobald jemand bei ihm bestellte, ging er los, kaufte die Schuhe persönlich und verschickte sie.

Auf diese Weise lernte er, dass Kunden tatsächlich bereit waren, Schuhe online zu kaufen, bevor er Geld in Lager, Logistik und Plattform investierte.

Vor- & Nachteile des Concierge MVP

Wie alle Minimum Viable Products hat auch die Concierge-Methode Vor- und Nachteile, die Du kennen solltest.

Vorteile

  • Direkter Kundenkontakt: Du bist ganz nah dran an Deiner Zielgruppe und bekommst unverfälschtes Feedback. Das hilft Dir, Deine Positionierung und Deine Value Proposition zu schärfen.
  • Maximales Lernpotenzial: Du verstehst, was Deine Kunden wirklich wollen, wie sie Entscheidungen treffen und wo ihre Schmerzpunkte liegen. Dieses Wissen ist die Grundlage für Deine spätere Automatisierung und verhindert, dass Du Dich dabei auf Dinge konzentrierst, die niemand braucht.
  • Geringes Risiko, hohe Flexibilität: Du brauchst weder Budget noch Software-Entwickler, um zu starten. Änderungen kannst Du jederzeit vornehmen, weil Du alles selbst in der Hand hast.
  • Proof of Concept für Prozesse: Du lernst, welche Abläufe sich später standardisieren oder automatisieren lassen. (Und wo persönliche Betreuung auch später noch wichtig ist.)
  • Aufbau von Vertrauen und Beziehungen: Durch den persönlichen Kontakt zu Early Adoptern baust Du früh eine kleine, aber loyale Community auf. Viele erfolgreiche Solopreneure haben ihre ersten zahlenden Kunden in genau dieser Phase gewonnen.

Nachteile

  • Zeitintensiv: Du kannst nur eine sehr begrenzte Zahl an Kunden gleichzeitig betreuen. Wenn Du zu lange im Concierge-Modus bleibst, blockierst Du Dich selbst.
  • Verzerrte Erkenntnisse: Menschen verhalten sich anders, wenn sie persönlich betreut werden. Es kann also sein, dass Deine Learnings später nicht 1:1 auf die automatisierte Version übertragbar sind.
  • Schwer messbar: Weil Du vieles informell und manuell umsetzt, fehlt Dir oft ein sauberer Datenrahmen. Es ist leicht, sich von positiven Rückmeldungen täuschen zu lassen, obwohl Du die Zahlungsbereitschaft Deiner Kunden noch nicht bewiesen hast.
  • Verlockung zur Perfektion: Weil Du nah am Kunden arbeitest, kann es passieren, dass Du Dich in individuellen Sonderlocken verlierst, statt Muster zu erkennen. Genau das verhindert dann aber den Folgeschritt zur Skalierung.

Darauf musst Du achten, wenn Du das Concierge MVP nutzt

Das Concierge MVP ist keine Effizienz-Technik, sondern eine Lernmethode. Das klingt zunächst simpel, führt aber in der Praxis schnell zu typischen Fehlern. Vor allem, wenn Du als Solopreneur alles selbst machst und jeden Kundenkontakt (zu) ernst nimmst.

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Damit Dir die Methode wirklich etwas bringt, solltest Du deshalb auf ein paar Dinge besonders achten.

Definiere ein klares Lernziel

Wie bei jeder Methode aus dem Lean Startup solltest Du Dir klarmachen, was Du mit Deinem Concierge-MVP eigentlich genau herausfinden willst. Geht es Dir darum, ob Menschen grundsätzlich an Deinem Angebot interessiert sind? Oder willst Du verstehen, welche Prozesse sie benötigen, um zufrieden zu sein?

Ohne eine klare Hypothese sammelst Du nur lose Eindrücke und verlierst Dich in netten Gesprächen, statt in validierten Erkenntnissen.

Mit der Test Card Annahmen in Erkenntnisse verwandeln
Die Test Card unterstützt Dich dabei, von Dir aufgestellte Hypothesen und Annahmen in validierte Erkenntnisse zu verwandeln.

Nutze die Test Card, um Dir darüber klar zu werden, welche Annahme Du mit Deinem Concierge MVP validieren möchtest.

Dokumentiere wichtige Erkenntnisse

Weil Du so nah am Kunden bist, nimmst Du viele kleine Beobachtungen wahr, die später Gold wert sind. Halte Deine wichtigsten Erkenntnisse schriftlich fest! Welche Fragen tauchen immer wieder auf? Welche Schritte kosten sehr viel Zeit? Welche Erwartungen erfüllen sich nicht?

Erkenntnisse über Deine Zielgruppe kannst Du auch mit einer User Persona festhalten.

Setze Dir ein Zeitlimit

Die Concierge-Methode ist kein Dauerzustand. Wenn Du zu lange manuell arbeitest, gewöhnst Du Dir Abläufe an, die später ineffizient oder schlimmstenfalls gar nicht automatisierbar sind.

Starte mit einer kleinen, überschaubaren Gruppe (3-5 Kunden) und ziehe klare Grenzen, wann Du den nächsten Schritt gehst.

Arbeite so einfach wie möglich

Mach Dir keinen unnötigen Aufwand! Für ein Concierge MVP brauchst Du keine fancy Tools oder ausgefeilten Prozesse. Ein Google Sheet, ein Online-Kalender und Emails zur Kommunikation reichen meistens vollkommen aus.

Sag ruhig, dass Du testest

Beim Concierge MVP darf und soll Dein Kunde wissen, dass Du noch experimentierst.

Diese Transparenz wirkt oft sympathisch und öffnet Dir die Tür für ehrliches Feedback. Wenn Du testen willst, wie Kunden auf eine (scheinbar) fertige Lösung reagieren, ist das Wizard of Oz MVP die bessere Wahl.

Weitere Schritte nach Deinem Test

Eine erfolgreiche Concierge-Phase ist ein starkes Signal für Dein Geschäftsmodell. Du hast mit echten Kunden gearbeitet, ihre Bedürfnisse besser verstanden, automatisierbare Prozesse entdeckt und vielleicht sogar schon erste Umsätze erzielt.

Allerdings beweist das alleine noch lange nicht, dass Dein Angebot ohne Deine persönliche Betreuung funktioniert oder sich tatsächlich skalieren lässt.

Bevor Du also in Automatisierung oder Software-Entwicklung investierst, solltest Du im nächsten Schritt mit weiteren Tests überprüfen, ob Dein Geschäftsmodell auch unter realen Bedingungen funktioniert. Dazu kannst Du auf die schon erwähnte Wizard-of-Oz-Methode, einen technischen Prototypen oder auch ein Single Feature MVP zurückgreifen.

Auch ein Referral-Programm kann ein sinnvoller nächster Schritt für Dich sein. So findest Du heraus, ob Deine Kunden so zufrieden waren, dass sie Dich an andere Interessenten weiterempfehlen.

Solltest Du der Meinung sein, automatisierbare Prozesse entdeckt zu haben, kannst Du auch ein Mash-up MVP nutzen, bei dem Du vorhandene Tools & Anbieter einsetzt, um Deine Abläufe zu automatisieren.

Fazit

Die Concierge-Methode ist ein extrem sinnvolles MVP, wenn Du ein digitales Geschäftsmodell aufbauen möchtest, bei dem Skalierung eine wichtige Rolle spielt. Es hilft Dir vor allem dabei, zu verstehen, welche Dinge sich automatisieren lassen und welche nicht. Gerade Letzteres ist dabei vielleicht sogar der viel wichtigere Punkt.

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