Ein Schreckgespenst geht um unter Solopreneuren und Solo-Gründern! Und das Schlimmste an diesem Ungeheuer, das des Nachts um die Häuser schleicht: Es sieht haargenau so aus wie Deine eigene, geniale Produktidee – Mit dem einzigen Unterschied, dass sie nicht von Dir ist. Ein böser Trittbrettfahrer hat Dir Deine Idee gestohlen und macht nun Millionen Umsätze damit.

In diesem Blogartikel möchte ich Dir zeigen, warum Du nur in den seltensten Fällen Angst vor Nachahmern haben musst und wieso es sehr viel gefährlicher für Dich ist, Deine Idee lange geheim zu halten. Außerdem erfährst Du, wie Du einen "Kopierschutz" in Deine Produktidee oder Geschäftsmodell einbauen kannst, der Dich vor Nachahmern schützt.

Wenn andere Dich kopieren und "besser" sind als Du, ist es sowieso egal wie groß Dein Vorsprung ist

Die meisten Solopreneure haben große Angst davor, ihre neuste Produkt- oder Geschäftsidee früh mit Kunden oder anderen Solopreneuren zu teilen. Stattdessen denken sie im stillen Kämmerlein auf ihrer Idee herum und glauben, dass sie schon "irgendwie genial" sein wird.

Der Hauptgrund für dieses Mindset ist die Furcht vor Nachahmern und Trittbrettfahrern. Und die Logik dahinter geht in etwa wie folgt:

  • Wenn meine Konkurrenz von meiner genialen Produktidee erfährt, dann kopiert sie das einfach.
  • Wenn ein Wettbewerber meine Idee kopiert, dann verkauft er meine Idee als erstes an meine Zielgruppe.
  • Wenn jemand als erstes mit meiner Idee an meine Zielgruppe herantritt, bleibt nichts mehr für mich.
  • Schlussfolgerung: Ich muss meine neuste Produktidee solange wie möglich geheim halten, damit ich mir einen Vorsprung verschaffe und selber Erste(r) bin.

Und auf den ersten Blick scheint das erstmal schlüssig und sinnvoll, so vorzugehen. Natürlich kannst Du Dir vor Deiner Konkurrenz einen "Vorsprung erschleichen". Die Frage ist nur: Was hast Du am Ende davon?

Denn:

  • Irgendwann musst Du sowieso mit Deinem neuen Angebot raus in die Welt. (Du kannst es ja nicht ewig geheim halten.)
  • Deine Konkurrenten erfahren deshalb ohnehin irgendwann von Deinem neuen Angebot.
  • Falls Deine Konkurrenz besser oder schneller (oder sogar beides) ist als Du, dann schmilzt Dein Vorsprung sowieso langsam aber sicher (oder auch sehr schnell) dahin. Egal wie groß der anfangs vielleicht sein mag.

Im Grunde zögerst Du durch Deine Geheimhaltung den Zeitpunkt, an dem Dich Deine Wettbewerber überholen bzw. ausstechen werden, nur hinaus. Der Vorteil, den Du Dir von Deinem Top-Secret-Vorgehen versprichst, existiert also gar nicht!

Rotes, stark verwittertes Metallschild mit dem erhabenen Schriftzug TOP SECRET in abgenutzten weißen Buchstaben – wirkt geheimnisvoll, warnend und wie aus einem alten Spionagefilm.
Wenn Du Deine Idee lange geheim hältst, sind die Nachteile in der Regel sehr viel größer als die potenziellen Vorteile.

Die Nachteile durch Deine Geheimhaltung sind viel schlimmer

Hinter jeder Geschäfts- oder Produktidee, die Du hast, stecken immer eine ganze Menge unbestätigter Annahmen, von denen Du noch gar nicht weißt, ob sie der Wahrheit entsprechen. Und das gilt nicht nur für besonders innovative, extravagante oder spezielle Angebote, sondern auch für ganz normale Allerwelts-Produkte.

Stell Dir einfach nur mal vor, dass Du einen Onlinekurs für Führungskräfte anbieten willst, der ihnen dabei hilft, Stress zu reduzieren und Resilienz zu entwickeln. Dann stecken hinter dieser Idee eine ganze Menge Annahmen, von denen Du noch gar nicht weißt, ob sie tatsächlich wahr sind.

Beispiele für unbestätigten Annahmen

  • Ich glaube, dass Führungskräfte tatsächlich Stress haben.
  • Ich glaube, dass Führungskräfte mir zutrauen, ihren Stress zu reduzieren
  • Ich glaube, dass Führungskräfte noch keine gute Lösung gefunden haben, um ihren Stress zu reduzieren.
  • Ich glaube, dass Führungskräfte an Onlinekursen (wie meinen) teilnehmen.
  • Ich glaube, dass Führungskräfte bereit sind, an meinem Onlinekurs teilzunehmen.
  • Ich glaube, dass ich die technischen Fähigkeiten besitze, einen Onlinekurs zu hosten.
  • Ich glaube, dass ich die methodisch-didaktischen Fähigkeiten besitze, einen Onlinekurs zu entwickeln.
  • Ich glaube, dass mein Onlinekurs Führungskräften wirklich hilft, Stress zu reduzieren.
  • Ich glaube, dass Führungskräfte das Wissen aus meinem Kurs auch in der Praxis anwenden werden.
  • Ich glaube, dass Führungskräfte bereit sind, ihre Kreditkarten-Daten auf meiner Plattform anzugeben.
  • ...

Ich könnte die Liste jetzt noch weiter fortführen, aber ich denke, der Grundgedanke ist klar geworden. 😉

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Das Problem daran ist, dass die Gefahr, dass Deine Annahmen nicht stimmen und Du mit Deiner neuen Produktidee scheiterst, viel größer ist als die Gefahr, dass Dir ein böser Konkurrent Deine Idee vor der Nase wegschnappt oder Dich kopiert.

Wie Du in 3 Schritten Deine Annahmen überprüfst

Und damit Du mit Deiner neuen Business-Idee nicht über Annahmen stolperst, die sich später als falsch herausstellen, solltest Du diese so früh wie möglich validieren.

Mit den folgenden 3 Schritten minimierst Du Dein Risiko, ein Produkt oder eine Geschäftsmodell zu entwickeln, das nachher niemanden interessiert.

Schritt 1: Mache ein Assumption Mapping

Im ersten Schritt solltest Du alle Annahmen, die hinter Deiner Produktidee lauern, sichtbar machen und bewerten. Dazu kannst Du zum Beispiel ein Assumption Mapping durchführen. Das hilft Dir dabei, zwischen Annahmen zu unterscheiden, die kritisch und weniger kritisch sind.

Assumption Mapping in Verbindung mit dem Business Model Canvas und dem Value Proposition Canvas. Die Grafik zeigt beide Frameworks mit farblich markierten Feldern und Fragezeichen, die unbestätigte Annahmen darstellen.
Mit Assumption Mapping machst Du Deine Annahmen und Vermutungen sichtbar!

Schritt 2: Finde heraus, was Deine Zielgruppe wirklich beschäftigt

Bei besonders wichtigen Annahmen, bei denen Du Dir aber überhaupt nicht sicher bist, ob sie stimmen, solltest Du im zweiten Schritt auf Methoden aus dem Design Thinking zurückgreifen.

Geht raus und unterhalte Dich mit Deiner Zielgruppe!

Schritt 3: Nutze Tests & Experimente

Im dritten Schritt solltest Du Tests & Experimente durchführen, mit deren Hilfe Du Deine neu gewonnenen Erkenntnisse aus Deinen Interviews nochmal überprüfst. Denn Informationen aus Deinen Interviews sind noch lange keine Garantie.

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Es gibt einen Unterschied zwischen dem, was Dir Deine Interviewees sagen und dem, was sie dann wirklich tun.

Eine sehr einfach Variante, um Deine Hypothesen zu validieren, ist die Test Card von Alexander Osterwalder.

Wenn Du es hier etwas professioneller angehen möchtest, kannst Du in dieser Phase auch auf die Lean-Startup-Methode zurückgreifen. Statt also nach Deinen Interviews direkt Deine neue Produktidee umzusetzen, testest Du Deine Erkenntnisse erstmal mit einem Minimum Viable Product (MVP). Hier steht Dir eine große Palette an Optionen zur Verfügung. Zum Beispiel:

  • Ein einfacher Fake-Door-Test mit einer Landing Page auf Deiner Webseite
  • Eine Email-Kampagne, in der Du Dein neustes Produkt ankündigst (und so tust, als wäre es schon fertig)
  • Für größere Ideen, die auch finanziell kostspielig sind, kannst Du sogar eine Crowdfunding-Kampagne starten.
  • Biete eine Vorbestellung oder Warteliste an und schau, ob sich überhaupt jemand anmeldet, bevor Du loslegst.
  • Noch mehr Ideen findest Du in meiner Rubrik "MVP"

Wie Du Dich wirklich vor Trittbrettfahrern schützt

Soweit, so gut. Kommen wir noch einmal zurück zum Anfang: Der Angst, dass Dich ein fieser Wettbewerber kopieren könnte und Dir Dein Geschäftsmodell oder Deine Produktidee klaut. Wie Du vielleicht schon bemerkt hast, schützen Dich weder Design Thinking noch Lean Startup davor, dass jemand anderes diese Idee für sein eigenes Business übernimmt.

Wenn Du Dich in dieser Hinsicht wirklich absichern möchtest, dann solltest Du durch die richtige Strategie für einen eingebauten Kopierschutz sorgen. Das heißt: Selbst wenn jemand wollte, könnte er Deine Idee gar nicht kopieren, weil ihm Fähigkeiten, Ressourcen oder die passenden Partner dazu fehlen!

Ein verwittertes Vorhängeschloss sichert zwei rote Holztüren.
Fähigkeiten, Ressourcen oder Partnerschaften, die nicht imitiert werden können, sind der beste Schutz vor Trittbrettfahrern!

Wie Du einen Kopierschutz in Deine Idee integrierst

Auf dem Business Model Canvas gibt es drei Bausteine, mit deren Hilfe Du die Machbarkeit Deines Geschäftsmodells visualisierst:

  1. Key Activities
  2. Key Resources
  3. Key Partnerships

Mit diesen Elementen beantwortest Du die drei Fragen:

  • Welche Aktivitäten musst Du unternehmen, um Dein Angebot zum Leben zu erwecken?
  • Welche Ressourcen benötigst Du, damit das Ganze funktioniert? (Zeit, Geld, Know-how, Räumlichkeiten etc.)
  • Welche Partnerschaften musst Du eingehen, um Dein Geschäftsmodell zu realisieren?

Notiere Dir alle wichtigen Fähigkeiten, Ressourcen und Partner, die Du benötigst, um Deine neue Produkt- oder Geschäftsidee umzusetzen!

Mach eine VRIO Analyse

Wenn Du das gemacht hast, bewertest Du alle Dinge, die Du Dir zuvor notiert hast. Und zwar mit einer sogenannten VRIO-Analyse. Das klingt erstmal kompliziert, ist aber tatsächlich ganz einfach.

Gehe jede Fähigkeit, jede Ressource und jede Partnerschaft einzeln durch und stelle Dir nacheinander die folgenden vier Fragen:

Frage 1: Ist es wertvoll? (Valuable)

Wenn eine Fähigkeit, Ressource oder Partnerschaft wertvoll für Dein Geschäftsmodell ist, hast Du den ersten Schritt in Richtung Kopierschutz gemacht.

Frage 2: Ist es selten? (Rare)

Wenn Du im Besitz einer seltenen Fähigkeit, Ressource oder Partner bist, hast Du gegenüber Deiner Konkurrenz einen (temporären) Wettbewerbsvorteil.

Allerdings nur so lange, bis jemand anderes doch irgendwann mal diese Fähigkeit erlernt, sich eine ähnliche Ressource erschließt oder einen geeigneten Partner findet, um Dein Geschäftsmodell zu kopieren.

Frage 3: Ist es (schwer) imitierbar? (Imitable)

Benötigst Du für Dein Geschäftsmodell oder Deine Produktidee eine Fähigkeit, Ressource oder eine Partnerschaft, die nur extrem schwer zu imitieren ist? Oder sogar gar nicht? Perfekt!

Damit hast Du den besten Kopierschutz, den Du Dir denken kannst. Denn selbst wenn irgendjemand auf die Idee kommen sollte, Dich nachzuahmen, wäre er oder sie gar nicht in der Lage – weil Du Fähigkeiten, Ressourcen oder Partner besitzt, die einfach nicht zu kopieren sind!

Frage 4: Habe ich mein Business passend organisiert? (organized)

Der letzte Punkt der VRIO-Analyse zielt auf die Frage ab:

  • Kannst Du Deine Fähigkeit, Deine Ressourcen und Deine Partnerschaften voll ausschöpfen?
  • Hast Du Dich (und Dein Geschäftsmodell) voll und ganz darauf ausgerichtet?
  • Stehen sie im Fokus Deiner täglichen Arbeit und Deiner Angebote?
💡
Zum Schluss solltest Du auch noch einmal die Kombination aller Fähigkeiten, Ressourcen und Partnerschaften mit der VRIO-Analyse bewerten.

Fazit

Wie Du siehst, ist die Angst vor Nachahmern und Trittbrettfahrern vollkommen unnötig, wenn Du Dich strategisch so aufstellst, dass Deine neuste Produkt- oder Geschäftsidee einen eingebauten Kopierschutz hat. Gleichzeitig ist die Gefahr, dass wichtige Annahmen über Dein Produkt, Deine Kunden oder Deinen Markt nicht der Wahrheit entsprechen, sehr viel größer als die Gefahr, dass ein Trittbrettfahrer Deine Geschäftsidee klaut.

Nutze deshalb Methoden aus dem Design Thinking und Lean Startup, um so schnell wie möglich herauszufinden, ob Du mit Deiner Idee auf dem richtigen Weg bist oder nicht.

Das erspart Dir Zeit, Aufwand und Geld in eine Idee zu investieren, die am Ende vielleicht gar nicht funktioniert!

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