Michael Porter hat einmal gesagt, dass Strategie darin besteht, absichtlich anders als andere zu sein. In diesem Satz steckt so viel Wahrheit, dass man ihn sich eigentlich über den Schreibtisch hängen sollte! Denn wenn wir mal ehrlich sind: Die meisten Solopreneure machen am Ende doch alle das Gleiche. Mit den gleichen Tools, den gleichen Versprechen – und dem gleichen Frust, weil irgendwie alles doch nicht so richtig zündet wie erhofft.

Warum das so ist? Und wie Du es besser machen kannst? Darum geht’s in diesem Artikel.

Überall die gleiche Sch#*§%!

Damit Du Dir besser vorstellen kannst, was ich damit meine "anders als andere zu sein", möchte ich Dir das Ganze mal am Beispiel einer (klassischen) Webseite vieler Solopreneure verdeutlichen. Wenn Du Dir die Menüpunkte bzw. die dahinterliegende Strategie solcher Webseiten anschaust, dann kannst Du sehr schnell feststellen, dass Du dort immer die gleichen Dinge findest:

  • Blog mit SEO-Content
  • Social Media Profile
  • Für 0 Euro
  • Podcast
  • Onlinekurs

Blog mit SEO-Content

Der erste Punkt, den alle gleich machen, ist der Blog. Die Grundausrichtung besteht immer darin, guten (oder noch besser hervorragenden) Content zu liefern, um dann für wichtige Suchbegriffe ein gutes Ranking bei Google zu erzielen.

Weil das alle anderen genauso machen, ist es natürlich extrem schwierig, für (sehr) beliebte Keywords bei Google auf Platz 1 (oder wenigstens auf Seite 1) zu landen. Hinzu kommt, dass eigentlich zu jedem Thema schon sehr gute Inhalte existieren und es im Grunde nichts mehr hinzuzufügen gibt.

Social Media

Zweitens betreiben alle Solopreneure eigene Social-Media-Kanäle. Aktuell stehen Instagram und LinkedIn hoch im Kurs. Dort wird dann in erster Linie der Content aus dem eigenen Blog (siehe oben) geteilt - In der Hoffnung, dass jemand erst bei Instagram auf den geteilten Beitrag klickt, dann den Blogartikel liest und sich dann auch noch für das eigentliche Angebot interessiert.

Für 0 Euro

Drittens findest Du im Menü nahezu aller Webseiten von Solo-Gründern den berühmt-berüchtigten "Für 0 Euro"-Link. (Und ehrlich gesagt: Ich kann den nicht mehr sehen!) Dahinter verbirgt sich das Lockvogelangebot "Newsletter plus kostenloses Freebie", das Dich dazu bringen soll, Deine Email-Adresse rauszurücken.

Sechs bunte Vögel sitzen aufgereiht auf einem Ast – alle in leuchtenden Farben, aber mit kleinen Unterschieden. Symbolisch für Gleichförmigkeit mit Nuancen – und die Herausforderung, wirklich herauszustechen
Freebies sind nicht anderes als billige Lockvögel, die Dich dazu bringen sollen, Deine Mail-Adresse rauszurücken.

Podcast

Auf einer guten Webseite darf ein Podcast natürlich nicht fehlen! Auch wenn er nicht ganz so weit verbreitet ist, spielt er für die meisten Solopreneure dennoch eine zentrale Rolle. Problematisch ist dabei nicht unbedingt der Podcast als Medium, sondern die Inhalte und Gäste. Denn genauso wie die Webpräsenz sind sowohl die Themen als auch die Gäste meistens komplett identisch.

Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass immer ganz genau beobachtet wird, wer wen einlädt, um diese Menschen dann selbst auch noch einmal einzuladen. Das ist dann ungefähr so abwechslungsreich wie Tagesthemen und heute journal...

Onlinekurse

Schon etwas seltener, aber immer noch ein Standard-Angebot auf der Webpräsenz von Solopreneuren ist der Onlinekurs. Na klar, Onlinekurse sind toll! Das Gute daran ist vor allem, dass sie Dir ein skalierbares Geschäftsmodell ermöglichen. Du kannst also Wissen an Deine Kunden und Nutzer vermitteln, ohne dass Du dazu ständig Zeit investieren musst.

Meine persönliche Erfahrung ist jedoch, dass die allermeisten Onlinekurse vor allem darin bestehen, lediglich Videos zur Verfügung zu stellen und "Wissen in Richtung Lerner streamen". Methodisch-didaktisch gibt's da (meiner Meinung nach) noch sehr viel Luft nach oben.

Obwohl alle Bausteine für sich allein genommen nichts Schlechtes an sich haben, ergeben sie alle zusammen einen strategischen Einheitsbrei, der zu 99 % aus Müll besteht.

Wenn Du alles genauso machst wie andere, steckt Du schnell in der Commodity-Falle!

Wenn alle Angebote in einem Markt die gleichen Merkmale haben, dann sind sie für potenzielle Kunden oder Nutzer nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Als Anbieter in einem solchen Markt steckst Du dann in der Commodity-Falle. Und die einzige Möglichkeit besteht dann (scheinbar) darin, entweder besser oder günstiger als Deine Wettbewerber zu sein.

Und so mühst Du Dich ab, die besseren Blogartikel zu schreiben, um höher bei Google zu ranken, die tolleren Instagram-Posts abzusetzen, das coolere Freebie anzubieten, um Deinen Newsletter an den Mann zu bringen, die interessanteren Gäste in Deinem Podcasts zu haben oder den ultimativen Onlinekurs zu entwickeln.

Einfach aus dem Grund, weil Du glaubst, dass es so sein muss. Weil der Markt "eben so funktioniert" oder weil es alle anderen ja auch so machen. Da muss dann ja schon was Wahres dran sein, oder?

So sieht das auf dem Strategy Canvas aus

In der Blue-Ocean-Strategie gibt es das sogenannte Strategy Canvas, mit dem Du dieses Problem sehr gut visualisieren kannst.

  • Über die X-Achse des Canvas werden die Merkmale abgebildet, von denen alle Anbieter glauben, dass sie zu ihrem Markt gehören.
  • Über die Y-Achse wird die Ausprägung dieser Merkmale visualisiert,

Für unser Beispiel sähe das also in etwas so aus:

Standard-Strategieprofil Solopreneure
So sieht das Standard-Strategieprofil der allermeisten Solopreneure aus.

Falls Du hier tiefer einsteigen möchtest, lies meine ausführliche Anleitung, wie Du ein einzigartiges Strategieprofil entwickeln kannst.

Brich die Regeln Deines Marktes!

Die Regeln Deiner Branche sind aber gar keine Naturgesetze. Es sind Regeln, auf die sich alle stillschweigend geeinigt haben. Dein Markt entwickelt sich dadurch, dass jemand etwas Neues macht, was gut funktioniert. Und dann springen alle anderen auf den Zug auf und entwickeln gleiche oder ähnliche Angebote. Und dann geht es irgendwann nur noch darum, die anderen zu übertreffen.

Kurioserweise bilden sich dann Features und Merkmale heraus, die Kunden und Nutzer gar nicht interessieren. Wer will schon noch einen Newsletter abonnieren? Oder wer hört sich einstündige Podcasts an, in denen Menschen zu Gast sind, die schon in zig anderen Podcasts zu hören waren?

Wenn Du herausfindest, was Deine Nutzer und Kunden wirklich wollen, kannst Du auf genau diese Dinge Deinen Fokus legen und alles andere, was sie nicht interessiert, aus Deinem Angebot streichen. Einen Podcast solltest Du also nur machen, wenn Deine Zielgruppe gerne Podcasts hört und nicht, weil Deine Mitbewerber auch alle einen haben. Und ja: Wenn Podcasts wichtig für Deine Zielgruppe sind, dann sollte er ausgesprochen gut sein!

Eine gute Strategie besteht also immer darin, die Spielregeln Deines Marktes zu brechen und ein Angebot zu entwickeln, mit dem Du Dich radikal von anderen unterscheidest. Und zwar so radikal, dass es Dir (fast) egal sein kann, was die anderen tun.

Drei Beispiele, wie's anders gehen kann

Damit Du Dir vorstellen kannst, wie so eine alternative Strategie aussehen kann, habe ich Dir deshalb noch drei Beispiele mitgebracht.

Content für Leser statt für Suchmaschinen

Judith Peters' Blog ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Du Dich mit Deiner Strategie von anderen unterscheiden kannst, um Dir einen Vorteil gegenüber Deinen Mitbewerbern zu verschaffen. Zwar findest Du auf Judiths Seite auch Social-Media-Kanäle und das schreckliche Null-Euro-Angebot, allerdings unterscheidet sich ihr Blog fundamental von anderen Solopreneur-Blogs. Weil sie in erster Linie für ihre Leser schreibt und nicht für Suchmaschinen. Frei nach dem Motto: Blog like no one is reading!

Gleichzeitig nutzt sie Formate wie Monats- & Jahresrückblicke oder die (totgeglaubte) Blogparade. Ihr Strategieprofil sähe auf dem Strategy Canvas ungefähr folgendermaßen aus:

Strategieprofil von Judith Peters
Strategieprofil von Judith Peters

Bezahlter Newsletter mit Substack

Ein zweites Beispiel für eine Strategie, die diesen Namen auch verdient hat, ist das Vorgehen der Texterin Anne-Kathrin Gerstlauer. Auf ihrer Webseite findest Du weder einen Blog noch einen Podcast noch einen Onlinekurs. Stattdessen bietet sie mit TextHacks einen bezahlten Newsletter über Substack an, der stolze 18.000 Abonnenten hat.

https://open.spotify.com/episode/0FMpTHsnHahpkBEGDPaNl9?si=5-rM7YgASXWg29vsaAxvQg

Auf dem Strategy Canvas sieht das Strategieprofil von Anne-Kathrin Gerstlauer deshalb in etwa so aus:

Strategieprofil von Ann-Kathrin Gerstlauer
Strategieprofil von Ann-Kathrin Gerstlauer

Lern-Nuggets statt umfangreicher Onlinekurse

Ein weiteres Beispiel für einen radikal anderen Ansatz ist Daniel Jung. Statt klassischer Onlinekurse mit Modulen, Stundenplänen und Worksheets setzt er mit seinem YouTube-Channel Mathe by Daniel Jung auf kompakte Mathe-Video-Nuggets, die in unter fünf Minuten komplexe Themen greifbar machen. Aktuell experimentiert er sogar mit den Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz, um individuelle Lernpfade zu ermöglichen – ganz ohne klassische Kursstruktur.

Das Besondere daran: Daniel Jung tritt nicht als Kursanbieter, sondern als persönlicher Lernbegleiter auf. Mit fast 900.000 YouTube-Abonnenten und Millionen von Aufrufen hat er gezeigt, dass Mini-Formate, Persönlichkeit und clevere Technik wirkungsvoller sein können als jeder umfangreiche 12-Wochen-Onlinekurs.

So sieht Daniels Strategieprofil auf dem Strategy Canvas aus:

Strategieprofil von Daniel Jung
Strategieprofil von Daniel Jung

Wie Du Deine eigene "andere" Strategie entwickelst

Du siehst: Es ist möglich, Dich aus der Commodity-Falle und dem Wettbewerb mit anderen zu befreien - Wenn Du mutig genug bist, gegen die Regeln Deines Marktes zu verstoßen und eine Strategie zu entwickeln, die diesen Namen auch verdient hat.

Finde mehr über Deine Kunden heraus - mit Design Thinking

Allerdings reicht es natürlich nicht, Dinge "einfach nur anders" zu machen. Vorher musst Du natürlich erstmal herausfinden, was Deine Kunden wirklich wollen.

  • Welche Aufgaben wollen oder müssen sie erledigen? Was sind ihre Jobs to Be Done (JTBD)?
  • Welche Ergebnisse wünschen sie sich dabei? Wann sind diese Aufgaben "gut" erledigt?
  • Welche Herausforderungen und Probleme tauchen auf, wenn sie ihre JTBD erledigen?
  • Welche Lösungen oder Workarounds nutzen sie aktuell, um ihre Aufgaben zu erledigen?
  • Wann und wo werden diese Aufgaben erledigt? Wie sehen Kontext und Situation aus?

Neben Interviews kannst Du natürlich noch viele weitere Methoden aus dem Design Thinking nutzen, um die Probleme Deiner Zielgruppe besser zu verstehen.

Blicke über Grenzen hinweg - mit der Blue-Ocean-Strategie

Auch die schon erwähnte Blue-Ocean-Strategie bietet Dir ein großes Füllhorn an Tools & Methoden, mit denen Du Dich strategisch neu bzw. anders aufzustellen kannst.

Das Wort zum Sonntag

Wenn Du den gleichen Kram machst wie alle anderen, verdammst Du Dich dazu besser, schneller oder günstiger zu sein. Strategie bedeutet aber, absichtlich anders zu sein. Nicht, weil es cool, sondern notwendig ist, um überhaupt sichtbar, relevant oder wirksam zu sein.

Aber "anders" passiert nicht von selbst. Es ist ein Entschluss. Eine Entscheidung, die Regeln Deines Marktes nicht länger zu akzeptieren, sondern zu hinterfragen. Zu sagen: "Nur weil das alle so machen, ist das noch lange nicht die einzige Möglichkeit!"

Du musst Dinge streichen. Du musst Nein sagen. Du musst Deine eigene Spielweise erfinden.

Sei absichtlich anders als die anderen!

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