Wenn Du beim Design Thinking oder Lean Startup die ersten Interviews mit Kunden und Nutzern führst, kann es vorkommen, dass Du dabei sehr unterschiedliche Antworten erhältst. Manchmal widersprechen sich die Antworten Deiner Interviewpartner sogar. Probleme und Herausforderungen, von denen Dir manche Interviewpartner berichten, kommen bei anderen überhaupt nicht vor. Oder bestimmte Features sind für die einen extrem wichtig, während sie anderen vollkommen egal sind. Und gleichzeitig haben letztere wieder Wünsche, die andere Interviewees überhaupt nicht haben.

Dein Kundensegment ist (noch) zu groß

Natürlich könntest Du nun vorschnell zu dem Schluss kommen, dass Design Thinking Interviews generell nicht wirklich hilfreich sind. Der wahre Grund für Deine Verwirrung entsteht jedoch dadurch, dass Dein Kundensegment noch zu groß ist.

Und die einfache Lösung besteht darin, es solange weiter zu verfeinern, "kleiner zu schneiden" und aufzusplitten, bis diese Widersprüche verschwinden.

Kundensegmente aufsplitten

Stell Dir vor, Du möchtest ein Marketing-Angebot für Soloselbstständige entwickeln. Dann hat Dein aktuelles Kundensegment natürlich erstmal viele Gemeinsamkeiten. Beispielsweise haben Soloselbstständige in der Regel ein sehr kleines Marketingbudget. Außerdem betreiben sie meistens einen eigenen Blog und die allermeisten von ihnen nutzen auch Social Media, um für ihre Kunden sichtbarer zu werden.

Was auf den ersten Blick sehr attraktiv daherkommt, stellt sich aber bei der Weiterentwicklung Deines Angebots als problematisch heraus. Denn so groß wie das Kundensegment Soloselbstständige ist, so unterschiedlich sind ihre Anforderungen und Wünsche.

Unterscheidungsmerkmal 1: Solopreneure vs. Freelancer

Ein Solopreneur in einer gelben Jacke und mit Rucksack springt euphorisch auf einem Berggipfel in die Luft. Im Hintergrund erstreckt sich eine weite Hügellandschaft unter einem strahlend blauen Himmel.
Solopreneure haben ganz andere Herausforderungen als Freelancer, obwohl beide Soloselbstständige sind.

Du entscheidest Dich dafür, Dich zunächst auf Solopreneure zu konzentrieren und die Freelancer links liegen zu lassen. Aber auch jetzt ist Dein Kundensegment noch sehr groß und in Deinen weiteren Interviews stellt sich heraus, dass auch Solopreneure sehr unterschiedliche Anforderungen und Vorstellungen haben.

Unterscheidungsmerkmal 2: Frisch gegründet

Deshalb teilst Du Dein Kundensegment weiter auf und konzentrierst Dich auf Solopreneure, die erst kürzlich gegründet haben (beispielsweise vor maximal 6 Monaten). Die Anforderungen Deines neuen Kundensegments werden durch diesen Schritt schon deutlich homogener.

Aber auch hier entdeckst Du in Deinen Gesprächen eventuell, dass sich Dein neues Kundensegment noch zu stark unterscheidet und die Bedürfnisse sehr unterschiedlich sind.

Unterscheidungsmerkmal 3: Social Media

Eine weitere Unterteilung Deines Kundensegments könnte jetzt darin bestehen, zwischen Solo-Gründern zu unterscheiden, die für ihr Marketing Social Media nutzen wollen oder eben nicht.

Dadurch entstehen ganz unterschiedliche Anforderungen für Dein Angebot. Die einen müssen erlernen, wie Social-Media-Algorithmen funktionieren und wie sie Beiträge posten können, die den gewünschten Effekt erzeugen. Die anderen müssen durch ihren Blog oder einen Podcast für mehr Sichtbarkeit sorgen.

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Beide Gruppen können natürlich als Kundensegment Sinn ergeben, aber Du solltest Dich trotzdem zunächst für das attraktivere Kundensegment entscheiden und Dich darauf fokussieren.

Ich packe meinen Koffer und nehme mit

Kundensegmentierung funktioniert also ein bisschen so wie das bekannte Gedächtnisspiel "Ich packe meinen Koffer und nehme mit..." Du verfeinerst Dein Kundensegment durch weitere Merkmale und Besonderheiten solange, bis es Dir gelingt, eine klare, homogene Gruppe zu identifizieren, auf die Du Dich mit Deinem Angebot konzentrieren kannst.

Ich fokussiere mich auf:

  • Solopreneure,
  • die grade erst gegründet haben,
  • Social Media nutzen (wollen) und
  • deren bevorzugte Plattform Instagram ist.

Positiver Nebeneffekt: Leichtere Suche nach Interviewpartnern

Durch ein kleineres und klar definiertes Kundensegment entsteht übrigens noch ein weiterer Vorteil für Dich. Denn je genauer Du Dein Kundensegment definierst, desto leichter fällt Dir die Suche nach passenden Interviewpartnern.

Eine Person in schwarzer Kleidung hält ein Mikrofon direkt in die Kamera und trägt in der anderen Hand ein Tablet oder Notizbuch. Der Fokus liegt auf dem Mikrofon, während der Hintergrund und die Person leicht unscharf sind.
Klare Kundensegmente erleichtern Dir die Suche nach passenden Interviewpartnern.
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Es ist etwas ganz anderes, nur nach Soloselbstständigen zu suchen als nach Sologründern, die Instagram für ihr Social-Media-Marketing nutzen möchten.

3 Tipps für den Start

Wenn Du damit beginnen willst, Dein Kundensegment klarer zu definieren, möchte ich Dir zum Schluss noch drei kleine Tipps mit auf den Weg geben, die Dir dabei helfen sollen.

Tipp 1: Beginne mit einem "großen Netz"

Damit das Ganze gut funktioniert, solltest Du zu Beginn Deiner Interviews mit einem relativ großen Kundensegment beginnen und erst nach und nach kleinere Segmente definieren. Denn es kann ja durchaus sein, dass auch ein größeres Kundensegment gar keine großen Unterschiede aufweist. Dann würdest Du Deine Zielgruppe nur unnötig verkleinern.

Wenn sich in Deinen Interviews unterschiedliche Anforderungen herauskristallisieren, solltest Du untersuchen, worin die Ursachen dafür liegen. Auf diese Weise kannst Du Unterscheidungsmerkmale entdecken und Dein Kundensegment entsprechen aufsplitten.

Tipp 2: Verharre nicht in der Nische!

Wenn Du mit einem kleineren, klar definierten und homogenen Kundensegment beginnst Dein Minimum Viable Product zu entwickeln, heißt das nicht, dass Du Dich für immer und ewig auf einen Nischenmarkt konzentrierst. Vielmehr dient Dir das Ganze nur dazu, einen fokussierten, klaren Start hinzulegen. Später musst Du darangehen, Dir weitere Kundensegmente zu erschließen und Dein Angebot entsprechen zu verändern und zu erweitern.

Beispielsweise könntest Du mit Solo-Gründern beginnen, die Instagram nutzen und zu einem späteren Zeitpunkt auch Solo-Gründer, die facebook oder LinkedIn verwenden.

Tipp 3: Suche nach gemeinsamen "Jobs to Be Done"

Drittens solltest Du Deine Kundensegmente nicht nur mit Hilfe soziodemografischer Merkmale aufsplitten. Natürlich kann es manchmal Sinn ergeben, zwischen Frauen und Männern oder zwischen 20-jährigen und Rentnern zu unterscheiden.

Allerdings kann es durchaus hilfreich sein, diese Kategorien zunächst außen vor zu lassen und Dich auf die Jobs to Be Done Deiner Zielgruppe zu konzentrieren. Denn dadurch bist Du in der Lage, marktübergreifend zu denken und vollkommen neue Kundensegmente zu entdecken.

So definierst Du hilfreiche Kundensegmente für Dein Business
Hier erfährst Du, wie Du mit einfachen Mitteln klar definierte Kundensegmente für Dein Business als Solopreneur definierst.

Wie Du mit JTBD sinnvolle Kundensegmente definierst.

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