Strategie ist eines dieser Buzzwords, die Dir als Solopreneur überall begegnen. Es gibt Blog-Strategien, Podcast-Strategien, Nischen-Strategien… und überhaupt: Strategie hier, Strategie da. Das Problem ist nur: Die meisten davon sind gar keine echten Strategien, sondern To-do-Listen, Fluff oder reines Business-Blabla.

Kein Wunder also, dass manche Solo-Gründer glauben, sie bräuchten überhaupt keine Strategie. Sie wurschteln sich durch, machen und tun, und hoffen, dass es schon irgendwie gut geht. Aber sein wir mal ehrlich: "Irgendwie durchwurschteln" ist keine gute Strategie.

In diesem Beitrag möchte ich einmal mit den größten Strategie-Mythen aufräumen und Dir zeigen, worauf Du achten musst, wenn Du eine Strategie für Dein Business entwickelst.

Die 4 häufigsten Probleme bei Strategien

Es gibt natürlich eine große Bandbreite an Dingen, die bei einer Strategie falsch gemacht werden können. Vier gravierende Fehler, die Du mit Deiner eigenen Strategie auf jeden Fall vermeiden solltest, sind:

  1. Fluff
  2. Ziele schon für eine Strategie halten
  3. Deine größten Probleme nicht adressieren
  4. Schlechte strategische Objectives

Fluff

Strategien wie "Mit innovativen KI-Lösungen hebt meine App das Leben meiner Kunden auf den nächsten Level" mögen vielleicht für eine "fancy Vision" taugen. Aber nur weil Du Deine Strategie mit Buzzwörtern und Trend-Begriffen spickst, hast Du noch lange keine Strategie entwickelt.

Denn solche Sonntagswörter sind nicht viel mehr als leere Worthülsen, die Dir keine ausreichende Orientierung geben, was Du zu tun gedenkst, um Deine Ziele zu erreichen. Du brauchst nur ein wenig an der Oberfläche kratzen, um festzustellen, dass Deine Strategie "innen hohl" ist.

Collage aus einer schwarz-weiß Frau mit Laptop und Kopfhörern auf rotem Hintergrund, daneben eine große orangefarbene Sprechblase mit den Worten bla bla bla als Symbol für inhaltslose oder schwammige Strategie und Fluff
Schlechte Strategie - Fluff

Ziele für eine Strategie halten

Auch wenn strategische Ziele ungemein wichtig sind, um daraus Deine Strategie zu entwickeln, macht das Ziel alleine eben noch keine Strategie. Es reicht einfach nicht aus, Dir das Ziel zu setzen "Den besten Business-Podcast Deutschlands anzubieten" - wenn Du nicht beantworten kannst, wie Du das erreichen willst. (Die Spartaner haben sich ja auch nicht einfach nur vorgenommen, die Perser zu verjagen.)

Mehr dazu findest Du auch in meinem Artikel Strategische Ziele - Alles Quatsch und nur was für Konzerne?!

Die wichtigsten Probleme nicht adressieren

Drittens hast Du eine schlechte Strategie, wenn Du die Probleme, die Dich von Deinen strategischen Zielen abhalten, nicht adressierst. Das heißt, Du unternimmst zwar eine ganze Menge, aber Deine Handlungen sind nicht darauf ausgerichtet, Deine Herausforderungen zu überwinden.

Deshalb ist es auch ein Irrglaube, dass Du Deine Strategie einfach aus Deiner Vision und Deiner Mission ableiten kannst. Natürlich muss da eine logische Verbindung existieren. Aber wenn Du Deine Strategie einfach so aus Deiner Vision und Mission ableiten könntest, dann müsstest Du das ja auch einfach nur umsetzen und Dir nicht überlegen müssen, wie Du das erreichst.

Lange To-do-Listen

Eine weitere schlechte Strategie sind lange To-do-Listen mit den Dingen, von denen Du Dir wünscht, dass Du sie irgendwann mal umsetzen wirst - oder dass sie "von alleine passieren". Statt also genau zu analysieren, was Deine konkreten Herausforderungen sind und Dich zu entscheiden, was der wirksamste Hebel ist, schreibst Du einfach alles auf, was "irgendwie helfen" könnte, Deine Ziele zu erreichen.

Was aber nicht passiert, weil Du nur Symptom-Bekämpfung betreibst. Und gleichzeitig kommst Du vor lauter Arbeit nicht voran, weil Du glaubst, dass Du das alles abarbeiten musst.

Merkmale einer guten Strategie

Eine gute Strategie hat vor allem zwei Merkmale. Erstens erzeugt sie eine Asymmetrie, die Dir gegenüber Deinen Wettbewerbern einen Vorteil verschafft. Und zweitens macht sie aus bestimmten Fähigkeiten Stärken.

Eine gute Strategie erzeugt Asymmetrie

Vielleicht hast Du Dich ja bei dem einen oder anderen oben genannten Punkt selbst erwischt. Und jetzt wo Du weißt, wie's nicht geht, will ich Dir natürlich auch zeigen, wie Du's richtig machst.

Ein zentrales Merkmal einer wirklich gelungenen Strategie ist Asymmetrie. Eine gute Strategie erzeugt ein Ungleichgewicht gegenüber Deinen Wettbewerbern. Sie verschafft Dir einen Vorteil, weil Du anders bist als alle anderen.

Im Grunde ist das genauso wie bei der Grundaufstellung eines Schachspiels: Solange die Figuren beider Spieler auf den gleichen Feldern stehen, hat keiner der beiden Spieler einen Vorteil. (Weil die Aufstellung zu Beginn symmetrisch ist.) Gelingt es Dir jedoch, durch Deine Spielzüge eine Asymmetrie zu erzeugen, verbesserst Du dadurch Deine Position gegenüber Deinem Gegenspieler und verschaffst Dir ihm gegenüber einen Vorteil.

Solange Du also nur das machst, was alle anderen auch machen, hast Du keine Strategie.

  • Künstliche Intelligenz zu nutzen, weil alle anderen das auch machen, ist keine Strategie.
  • Einen Podcast zu betreiben, weil alle anderen auch einen haben, ist keine Strategie.
  • Blogartikel zu schreiben, um Leser (und Kunden) auf Deine Seite zu locken, ist keine Strategie.

Die richtige Strategie erschafft Stärken

Ganz oft wird Solopreneuren empfohlen auf "ihren Stärken" aufzubauen. Dann heißt es "Mach das, was Du am besten kannst!" oder "Nutze Deine Stärken zu Deinem Vorteil!" Und so ganz verkehrt ist die Idee dahinter nicht. Allerdings sind bestimmte Fähigkeiten, die Du besitzt, nicht automatisch eine Stärke (oder Schwäche).

Lass mich das mit einer kleinen Analogie verdeutlichen:

Wenn Du 45 Kilogramm wiegst und Du Sumoringer bist, ist Dein Gewicht eine Schwäche. Wenn Du hingegen Jockey bist, ist Dein Gewicht eine Stärke.

Die Sportart definiert also, ob eine Deiner Eigenschaften oder Fähigkeiten eine Stärke oder Schwäche ist. Ohne die Sportart ist Gewicht erstmal nur Gewicht.

Und genauso verhält es sich mit Deiner Strategie. Entscheidest Du Dich für die falsche Strategie bzw. für das "falsche Spielfeld", verwandeln sich Deine Eigenschaften und Fähigkeiten in eine Schwäche. Wählst Du hingegen das richtige Spielfeld, werden sie plötzlich zu Stärken. Durch die richtige Strategie erzeugst bzw. erschaffst Du Stärken.

Im Grunde besteht eine gute Strategie deshalb vor allem darin, das Spielfeld für Dich und Deine Wettbewerber so zu gestalten, dass es Deinen Fähigkeiten entgegenkommt und sie in Stärken verwandelt bzw. Eigenschaften Deiner Wettbewerber zu Schwächen macht.

Der Kern einer guten Strategie

Nach Richard Rumelt basiert jede gute Strategie im Kern auf 3 wichtigen Grundelementen. Wenn diese nicht vorhanden sind, hast Du keine Strategie, sondern "irgendetwas anderes". Eine gute Strategie braucht:

  1. Eine klare Diagnose
  2. Richtungsweisende Leitlinien und
  3. Kohärentes Handeln
Kernelemente einer Strategie nach Richard Rumelt
Kernelemente einer Strategie nach Richard Rumelt

Klare Diagnose

Das erste und wichtigste Element einer guten Strategie ist eine klare Diagnose Deiner aktuellen Herausforderungen und Probleme, die Dich davon abhalten, Dein strategisches Ziel zu erreichen. Du musst genau verstehen, warum es so schwer für Dich ist, Dein Ziel zu erreichen.

Bärtiger Mann mit Glatze in gestreiftem Shirt hält eine Lupe vor sein Auge und hebt mahnend den Finger vor rotem Hintergrund als Symbol für eine gute Strategie, die mit einer klaren Diagnose beginnt.
Der erste Schritt zur guten Strategie ist eine klare Diagnose.

Du gehst also den umgekehrten Weg, den ich bereits oben skizziert habe:

  • Welche Deiner Eigenschaften und Fähigkeiten werden durch Deine aktuelle Strategie zu einer Schwäche?
  • Warum führt Deine aktuelle Vorgehensweise dazu, dass bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten, die Du mitbringst, sich nicht in eine Stärke verwandeln können?
  • Was macht es verdammt nochmal so schwer für Dich, Deine strategischen Ziele zu erreichen?

Richtungsweisende Leitlinien

Wenn Du Deine größten Herausforderungen und die darunterliegenden Muster identifiziert hast, kannst Du damit beginnen, richtungsweisende Leitlinien für Dich festzuhalten. Diese Leitlinien sind die wirkungsvollsten Hebel und Prinzipien, mit denen Du Deine wichtigsten Probleme angehen möchtest.

Kohärentes Handeln

Erst wenn Du Deine Herausforderungen verstanden hast und die wirksamsten Hebel für Dich definiert hast, kannst Du daran gehen, das Ganze umzusetzen. Denn jetzt geht es um kohärentes Handeln.

Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass Du Deine richtungsweisenden Leitlinien durch konkrete Maßnahmen und Aktionen in die Umsetzung bringst. Und weil Du alles an Deinen Leitlinien ausrichtest, sind diese Maßnahmen in sich schlüssig und widersprechen sich nicht. Oder anders gesagt:

Zu jeder Möglichkeit, die sich Dir bietet, und die nicht auf die Leitlinien Deiner Strategie einzahlt, musst Du (zu Dir selbst) NEIN sagen.

Frau mit blondem Haar und rotem Pullover zeigt den Daumen nach unten vor rotem Hintergrund als Symbol für eine gute Strategie, klare Priorisierung und den Fokus auf das Wesentliche durch bewusstes Nein-Sagen
Mit einer klaren Strategie kannst Du zu den richtigen Dingen Nein sagen.

Denn jedes Mal, wenn Du etwas tust, was nicht auf die von Dir identifizierten Hebel Deiner Strategie einzahlt, gerätst Du auf Abwege und verlierst Deinen Fokus.

Strategieentwicklung mit der Strategie-Kaskade

Auch wenn die 3 Kernelemente einer guten Strategie ein solides Fundament bilden, sind sie für sich allein genommen jedoch sehr theoretisch. Für die konkrete Entwicklung Deiner Strategie sind sie aber weniger hilfreich.

Wenn Du vor der Herausforderung stehst, Deine eigene Strategie zu entwickeln (oder zu überarbeiten), kannst Du dazu auf die Strategie-Kaskade zurückgreifen, die Alan Lafley und Roger Martin in ihrem Buch Playing to Win beschreiben.

Die Strategie-Kaskade besteht aus 5 aufeinander aufbauenden Schritten:

  1. Was ist Dein strategisches Ziel?
  2. Wo willst Du spielen?
  3. Wie willst Du gewinnen?
  4. Welche Kernkompetenzen brauchst Du?
  5. Wie setzt Du Deine Strategie um?
5 Schritte der Strategieentwicklung mit der Kaskade von Lafley & Martin
Mit der Strategie-Kaskade entwickelst Du Deine Strategie in 5 Schritten.

Was ist Dein strategisches Ziel?

Bevor Du daran gehst, Deine Strategie zu entwickeln, musst Du Dir natürlich darüber klar werden, was Du überhaupt erreichen willst. Deshalb musst Du Dir im ersten Schritt ein strategisches Ziel setzen. Je klarer und präziser Du dieses Ziel formulierst, desto besser.

Hierzu gibt es viele verschiedene Ansätze. Ich persönlich nutze dazu Midterm Goals, die sich über einen Zeitraum von einem Jahr erstrecken.

Wo willst Du spielen?

Eine gute Strategie besteht vor allem darin, Entscheidungen zu treffen. Und eine der wichtigsten Entscheidungen ist die Frage, wo Du überhaupt antreten willst. Denn als Solopreneur kannst Du ja nicht überall mitspielen. In diesem Schritt definierst Du das Spielfeld, auf dem Du aktiv sein möchtest.

In dieser Phase ist es wichtig, dass Du auch über den Tellerrand schaust! Sprich mit Nichtkunden Deiner Branche, um ungenutzte Potenziale aufzudecken. Welchen Fokus setzen Deine Wettbewerber und wo haben sie ihre Blinden Flecken?

Wie willst Du gewinnen?

Im dritten Schritt entwickelst Du einen Ansatz, der Dir gegenüber Deinen Wettbewerbern einen Vorteil verschafft und die erwähnte Asymmetrie erzeugt. Beleuchte Deine Branche aus verschiedenen Perspektiven und suche nach innovativen Ansätzen, um die Regeln Deines Marktes zu brechen.

Welche Kernkompetenzen brauchst Du?

Im vierten Schritt musst Du Dir darüber klar werden, welche Fähigkeiten, Ressourcen und Partnerschaften Du benötigst, um das Ganze auch umzusetzen. (Die beste Strategie bringt Dir ja nichts, wenn Du nicht in der Lage bist, sie zum Leben zu erwecken.)

Gleichzeitig sollte Deine Strategie auf Kompetenzen basieren, die nur schwierig (oder am besten gar nicht) von anderen zu kopieren sind. Denn nur so verschaffts Du Dir einen langfristigen strategischen Vorteil.

Ein nützliches Tool, dass Du hierzu verwenden kannst, ist die sogenannte VRIO-Analyse.

Kleines Mädchen mit Boxhandschuhen, das mit der VRIO-Methode ihr Geschäftsmodell geschützt hat.
Mit der VRIO-Analyse findest Du heraus, ob Du einen langfristigen, strategischen Vorteil besitzt.

Wie setzt Du Deine Strategie um?

Der fünfte und letzte Schritt besteht darin, Mittel und Wege finden, Deine Strategie auch umzusetzen und in Deinen Alltag als Solopreneur zu integrieren. Sonst verschwindet sie nämlich einfach in der Schublade und Du versinkst im Tagesgeschäft. Wie Du dabei vorgehen kannst und warum Du dazu die OKR-Methode nutzen solltest, erfährst Du im nächsten Abschnitt.

Strategieumsetzung mit Objectives & Key Results

Die beste Strategie bringt Dir nichts, wenn es Dir nicht gelingt, sie auch umzusetzen. Nur wenn Du es schaffst, Dein tägliches Handeln konsequent auf Deine strategischen Ziele auszurichten, wirst Du langfristig erfolgreich sein. Was Du als Solopreneur dafür brauchst, ist eine klare Methode – eine, die Dir hilft, Etappenziele nicht nur zu definieren, sondern sie auch im Blick zu behalten und konsequent daran zu arbeiten.

Was sind Objectives & Key Results?

Objectives & Key Results (OKR) sind ein Framework, das genau dafür entwickelt wurde: OKR helfen Dir, Deine langfristige Strategie in greifbare Etappenziele (Objectives) herunterzubrechen.

Dazu verbinden OKR drei entscheidende Elemente:

  • Klare Prioritäten: Du legst fest, was in den nächsten 90 Tagen wirklich zählt.
  • Messbare Ergebnisse: Du formulierst konkrete Key Results, an denen Du erkennst, ob Du auf dem richtigen Weg bist.
  • Regelmäßige Reflexion: Du überprüfst kontinuierlich, ob Deine Maßnahmen noch auf Dein strategisches Ziel einzahlen – und passt sie bei Bedarf an.

Ein besonders wirkungsvoller Bestandteil von OKR ist dabei der zweiwöchentliche Check-in: In diesen kurzen Sessions reflektierst Du regelmäßig Deinen Fortschritt, erkennst frühzeitig Hindernisse und bleibst so automatisch an Deinen Zielen dran.

Besonders gut funktioniert das Ganze übrigens, wenn Du Dich einem OKR Circle anschließt und Deine OKR gemeinsam mit anderen Solopreneuren & Solo-Gründern verfolgst!

Du kannst Dir noch nicht vorstellen, wie OKR in der Praxis funktionieren? In meinen OKR Chroniken blogge ich alle zwei Wochen über den Stand meiner eigenen OKR und teile mit Dir meine Erfolge, Herausforderungen und Learnings.

Fazit - Strategie ist Deine Entscheidung anders zu sein

Eine gute Strategie ist weit mehr als eine Ansammlung von Buzzwords oder eine To-do-Liste. Sie ist Dein Weg, Dich bewusst von der Masse abzuheben und Deine eigenen Stärken gezielt auszuspielen. Sie besteht im Kern immer aus einer klaren Diagnose, richtungsweisenden Leitlinien und kohärentem Handeln.

All das kannst Du mit Hilfe der Strategie-Kaskade erarbeiten und mit Objectives & Key Results in die Umsetzung bringen, um Deine Strategie fest in Deinem Alltag als Solopreneur zu verankern.

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